Veranstaltung: | LDV in Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Kapitel 11 Demokratie und Petitionen – Gegen Rechts |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Digitale LDV Idar-Oberstein |
Beschlossen am: | 05.12.2020 |
Eingereicht: | 09.12.2020, 12:10 |
Antragshistorie: | Version 1 |
11. Aktive Beteiligung – Gefestigte Demokratie
Text
Wir freuen uns, wenn sich Menschen beteiligen, engagieren und einmischen. Nur so
funktioniert unsere Gesellschaft. Demokratie lebt vom Mitmachen. Und Demokratie
ist das Fundament, auf dem unsere Werte und Rechte eines friedlichen und
gleichberechtigten Miteinanders gebaut sind. Sei es mit Hilfe von Petitionen,
anhand eines Ehrenamtes oder durch das Wählen selbst: Wir wollen eine Demokratie
der Vielfalt, in der alle Menschen mitreden können und niemand ausgeschlossen
wird.
Rechtes Gedankengut und Menschenfeindlichkeit sind dabei die größten Gefahren
für unsere Demokratie. Wir GRÜNE stehen deshalb auf gegen Rechts und sagen Nein
zu Hass und Hetze. Um unsere Demokratie zu schützen, brauchen wir eine starke
demokratische Zivilgesellschaft und gute politische Bildungsangebote. Wir wollen
deshalb die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide senken, die wichtige
Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung und des Demokratiezentrums
weiter unterstützen und die Ehrenamtskarte als Dank für ehrenamtliches
Engagement noch mehr bewerben. So werden wir unsere Ziele umsetzen, Bürger*innen
aktiv zu beteiligen und die Demokratie zu festigen.
Politische Bildung stärken
Die Landeszentrale für politische Bildung ist das Herzstück der
Demokratiebildung in Rheinland-Pfalz. Wir GRÜNE wollen daher die Landeszentrale
stärken und ausbauen und die Zusammenarbeit mit dem Demokratiezentrum, mit
Akademien, Schulen, Hochschulen und anderen Einrichtungen intensivieren. Durch
einen einfachen Zugang zu diesen Einrichtungen erreichen wir, dass Menschen
jeden Alters dieselbe politische Bildung genießen können. Durch
Sensibilisierungs- und Monitoringprogramme wollen wir Vielfalt und Diversität
auch im Landtag fördern.
Eine wesentliche Säule unserer politischen Bildung ist Gedenkarbeit. Politische
Teilhabe in einer starken Demokratie setzt informierte Bürger*innen voraus. Zur
politischen Bildung gehören deshalb auch Erinnerungskultur und
Gedenkstättenarbeit. Die Gräueltaten des Nationalsozialismus müssen in
Erinnerung bleiben. Wir GRÜNE wollen eine stärkere Vernetzung zwischen
Bildungseinrichtungen und Gedenkstätten und setzen uns dafür ein, weitere
Gedenkorte zu erschließen. Nicht alle Facetten der NS-Zeit sind bereits
wissenschaftlich aufgearbeitet, gerade in lokalen Zusammenhängen werden die
Ausprägungen des Nazi-Regimes immer wieder für große Teile der Bevölkerung
nachvollziehbar. Wir unterstützen Bemühungen den 8. Mai als Tag der Befreiung
vom Nationalsozialismus zum Gedenktag und Feiertag zu erklären – als dauerhaftes
Zeichen unseres Gedenkens. Auch das reiche demokratische Erbe in Rheinland-
Pfalz, wie insbesondere die Mainzer Republik und das Hambacher Fest, muss
gepflegt werden, auch durch Bezug auf gegenwärtige demokratiegefährdende
Entwicklungen.
Mitbestimmung für alle
Wir GRÜNE setzen uns für eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ein. Bislang
verhindert die Blockade der CDU eine Änderung der Verfassung und verweigert
somit jungen Menschen ihr Recht auf Mitbestimmung. Auch weitere Einschränkungen
des Wahlrechtes wollen wir abbauen: So machen wir uns stark für das Wahlrecht
auf Kommunal- und Landesebene für Menschen ohne deutsche beziehungsweise
europäische Staatsbürgerschaft.
Bürger*innen beteiligen
Bürgerbeteiligung ist ein wichtiges Element gelebter Demokratie. Vor Ort oder
auf Landesebene sollen alle durch qualitativ hochwertige Beteiligung mitgenommen
werden. Um Brücken zwischen Parlament und Bürger*innen zu bauen, sind
Begleitkreise mit gelosten Bürger*innen für konkrete Reformprozesse eine
Möglichkeit. Elementen der direkten Demokratie stehen wir offen gegenüber und
möchten die Hürden für Volksbegehren sowie Volksentscheiden absenken. Ein
wichtiges und niedrigschwelliges Beteiligungsrecht ist das Petitionsrecht. Daher
wollen wir erreichen, dass Petent*innen schon ab 1.000 Mitzeichnungen ein
Rederecht vor dem Petitionsausschuss erhalten. Für mehr Transparenz soll der
Petitionsausschuss bei diesen Petitionen öffentlich tagen.
Gemeinsam ehrenamtlich aktiv
Das freiwillige Engagement rheinland-pfälzischer Bürger*innen ist für einen
sozialen Zusammenhalt und eine starke Bürgergesellschaft unentbehrlich. Viele
Aufgaben unserer Gesellschaft sind ohne die Stärke der Zivilgesellschaft nicht
zu bewältigen, die Defizite erkennt, bei Problemen anpackt und zur Lösung
beiträgt. Menschen engagieren sich für Dinge, die ihnen wichtig sind und tragen
auf diese Weise sehr viel bei zum Gemeinwohl und zur Lebensqualität aller
Bürgerinnen und Bürger.
Es ist eine wichtige Aufgabe aller Verwaltungsebenen, das bürgerschaftliche
Engagement in all seinen Facetten zu unterstützen. Es ist uns ein Anliegen, dass
ehrenamtlich tätige Menschen die dafür nötige Qualifikation erwerben können,
Anerkennung erfahren, durch hauptamtliche Koordinierung unterstützt werden und
bei der Suche nach einer passenden Aufgabe Hilfestellung bekommen können.
Ehrenamt braucht Hauptamt, damit zivilgesellschaftliches Engagement dauerhaft
gestärkt wird.
Wir wollen die Gewinnung von Freiwilligen, ihre Qualifizierung und
Koordinierung, ihre Begleitung, Anerkennung und Absicherung ihrer Tätigkeit
durch geeignete Förderprogramme und die Einrichtung von weiteren
Freiwilligenagenturen unterstützen. Für die Ehrenamtskarte als Teil der
Anerkennungskultur wollen wir weitere Partner gewinnen.Die Angebote für
Freiwilligenjahre wollen wir für alle Altersgruppen ausbauen und insbesondere
die Werbung für das FSJ und FÖJ weiter unterstützen.
Klare Kante gegen rechte Hetze
Das Land, in dem wir leben wollen, ist bunt, offen und tolerant. Unser Ziel ist
ein friedliches und demokratisches Miteinander, geprägt von vorurteilsfreien
Begegnungen, von Toleranz und Offenheit. Unsere Stärke liegt in der Vielfalt.
Aus unserem Zusammenhalt schöpfen wir als Rheinland-Pfälzer*innen Energie gegen
spalterische Kräfte.
Die größte Bedrohung dieser Werte kommt von Rechts. Die Neue Rechte verbreitet
europaweit Menschenhass. Sie lehnt die Gleichwertigkeit aller Menschen ab und
versucht, ihr rassistisch geprägtes Weltbild zu verbreiten. Wozu
Menschenfeindlichkeit führen kann, haben die rassistischen, antisemitischen und
islamfeindlichen Anschläge der vergangenen Jahre gezeigt. Leider ist auch in
Rheinland-Pfalz die extreme Rechte aktiv. Dazu gehören unter anderem die
Identitären Bewegung, die AfD und deren Jugendorganisationen.
Die AfD und ihre Teilorganisationen zeigen bei Mitgliedern wie Funktionären
Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung. Wie wir auf
rechte und rechtsextreme Parteien reagieren, die sich gegen eine offene
Gesellschaft, Demokratie und Rechtsstaat stellen oder den Nationalsozialismus
relativieren, ist eine zentrale Frage unserer Zeit. Das Grundgesetz ermöglicht
den Ausschluss von verfassungsfeindlichen Parteien von staatlichen
Finanzierungen und steuerlichen Begünstigungen. Wir streben die Überprüfung der
Anwendbarkeit dieses Mechanismus bei der AfD an.
Kontinuierliche Prävention
Die grüne Strategie gegen Rechts ist ganzheitlich und reicht von
Aufklärungsarbeit bei Kindern und Jugendlichen bis hin zu Aussteigerprogrammen.
Auf Kommunal- und Landesebene gibt es bereits eine Vielzahl an Initiativen, wie
zum Beispiel das Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz oder die mobile
Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
– m*power.
Menschenfeindliche und antidemokratische rechte Propaganda spielt sich heute
stark in den Sozialen Medien ab. Deshalb müssen insbesondere dort die Ressourcen
zur Verfolgung dieser Aktivitäten auf- und ausgebaut werden.
Wir GRÜNE wollen die Aufgaben der politischen Gewalt- und Extremismusprävention,
der politischen Bildung und der Antidiskriminierungsarbeit stärker bündeln. Wir
wollen eine gesicherte kontinuierliche Finanzierung für Projekte gegen Rechts
und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Auf Bundesebene muss ein
Demokratiefördergesetz entstehen,damit sich eine wirkungsvolle und nachhaltige
Struktur für die Arbeit gegen Rechts entwickeln kann. Der Einsatz gegen
Rechtsextreme Ideologien sollte auch durch Anerkennung der Gemeinnützigkeit
gestützt werden. Der Kampf gegen Rechts ist eine dauerhafte Aufgabe. Wir GRÜNE
wollen dazu auch unseren finanziellen Anteil als Bundesland leisten.
Die konsequente Entwaffnung von Nazis und Reichsbürger*innen zählt auch zur
Strategie gegen Rechts. Wer Menschen hasst und die Bundesrepublik und ihre
Gesetze ablehnt, darf keine Waffen besitzen. Wir GRÜNE fordern daher, alle
Genehmigungen für Waffen und sprengstoffähnliche Materialien zu widerrufen und
Waffen und Munition sicherzustellen, die im Besitz von Nazis und
Reichsbürger*innen sind. Dafür brauchen wir eine Kontrolloffensive der
kommunalen Waffenbehörden und ein verschärftes Waffengesetz auf Bundesebene.
Die neue Rechte versucht, sich durch lose Strukturen unbemerkbar zu machen und
die Verantwortung durch den Verweis auf „Einzeltäter“ von sich zu schieben. Wir
GRÜNE setzen uns dafür ein, dass die Sicherheitsbehörden den neuen
Erscheinungsformen von Rechtsterrorismus stärker Rechnung tragen.
Wir GRÜNE wollen den Menschen helfen, die vom rechten Hass betroffen sind. Dies
gilt auch für Kommunalpolitiker*innen und die engagierte Zivilgesellschaft, die
sich ehrenamtlich für unser aller Wohl einsetzen und immer wieder attackiert
werden. Wir haben bereits erreicht, dass der Schutz gegen üble Nachrede und
Verleumdung im Strafrecht auf Kommunalpolitiker*innen ausgeweitet wird. Diesen
Schutz wollen wir weiter ausbauen und auf Prävention setzen. Adressen von
politisch aktiven Menschen müssen noch stärker geschützt werden.
Gerade politisch aktive Frauen werden im Netz Opfer von sexualisierter Gewalt;
Antifeminismus ist Teil rechter Ideologie. Wir GRÜNE werden entschieden jedwedem
Hass im Netz und digitaler Gewalt gegen Frauen und Mädchen entgegentreten. Wir
unterstützen deshalb Initiativen zur strafrechtlichen Verfolgung von
Hasskommentaren. Dafür müssen Strafverfolgungsbehörden beispielsweise durch
Fortbildungen noch stärker für sexualisierte, digitale Gewalt sensibilisiert
werden.
Rechtes Gedankengut raus aus Behörden
Wir GRÜNE kämpfen nach wie vor dafür, dass keine rechte Partei im Landtag und in
der Kommunalpolitik vertreten ist. Zudem darf es keine Anhänger*innen mit
rechtem und demokratiefeindlichen Gedankengut im öffentlichen Dienst geben –
weder in den Gremien der Landesverwaltung noch in den Sicherheitsbehörden oder
der Justiz. Dazu werden wir weitere rechtliche Möglichkeiten im
Landesdisziplinargesetz prüfen. Darüber hinaus brauchen wir – neben einem
internen Prozess – eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung zu rechten
Einstellungen bei der Polizei. Diese Studie kann uns wichtige Hinweise für
zielgerichtete Prävention bei der Polizei liefern. Für Kommunen wollen wir ein
neues Förderprogramm Kommunen ohne Rassismus – Kommunen mit Courage starten.
Rassismus aktiv verlernen
Rassismus fängt in den Köpfen der Menschen an. Bereits in jungen Jahren werden
Vorurteile erlernt. Dabei hat Sprache einen entscheidenden Einfluss auf das
Denken der Menschen. Deswegen wollen wir erreichen, dass der Begriff „Rasse“ aus
der rheinland-pfälzischen Landesverfassung verschwindet. Es gibt keine Rassen,
sondern nur Menschen. Wir werden eine Formulierung suchen und finden, die aktiv
vor Diskriminierung schützt. Mit einer sprachlichen Anpassung in der Verfassung
ist das Problem aber nicht gelöst. Wir müssen Rassismus aktiv verlernen. Dafür
werden wir bestehende Programme gegen Rassismus stärken und ausbauen. Bisher
wurde in Rheinland-Pfalz zu wenig zu diesem Thema geforscht. Deshalb halten wir
einen in regelmäßigen Abständen erarbeiteten wissenschaftlichen Bericht über
Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Rheinland-Pfalz für
unbedingt erforderlich.