Kapitel: | 12. Gesicherte Freiheit – Handlungsfähiger Rechtsstaat |
---|---|
Antragsteller*in: | Grüne Jugend Rheinland-Pfalz (dort beschlossen am: 24.10.2020) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Ablehnung |
Eingereicht: | 29.10.2020, 19:16 |
LTWP-12-037: 12. Gesicherte Freiheit – Handlungsfähiger Rechtsstaat
Text
Von Zeile 37 bis 38 einfügen:
Wir GRÜNE setzen auf eine nahbare Bürgerpolizei. Bei der Polizei suchen wir Wege hin zu situationsbedingten Einsätzen auch ohne Bewaffnung mit Handfeuerwaffen. Dafür wollen wir das Stellenprofil der Bezirksbeamt*innen ausbauen. Ein guter Draht zur Bevölkerung
Wir GRÜNE sind eine Partei für Menschen- und Bürgerrechte. Das Recht auf freie
Entfaltung der Persönlichkeit, die Versammlungsfreiheit oder die
Gleichberechtigung von Mann und Frau sind für uns hohe Güter und Maßstab unserer
Politik. Öffentliche Sicherheit trägt dazu bei, dass wir diese Rechte
durchsetzen können und sich jede*r frei entfalten kann. Ohne Sorge vor
Kriminalität, Anfeindung oder Gewalt zu sein, ist ein großes Stück Freiheit.
Deshalb wollen wir einen modernen, handlungsfähigen und zugleich freiheitlichen
Rechtsstaat. Dazu gehört Vertrauen in die staatlichen Institutionen.
Wir wollen, dass alle Menschen gleich vom Staat behandelt werden, unabhängig von
ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung, ihres
Geschlechts, ihrer Religion oder ihrem Bildungsgrad. Um dies zu erreichen,
wollen wir die sicherheitspolitischen Strukturen in Rheinland-Pfalz und die
Rechte der Menschen gegenüber dem Staat stärken. Dazu zählt für uns auch eine
bürgernahe Polizei. Mit der Online-Wache der Polizei haben wir bereits einen
einfach zugänglichen Service auf den Weg gebracht, der es ermöglicht, digital
Strafanzeige von zuhause aus zu erstatten statt auf einer Polizeidienststelle.
Vertrauen kann nur gestärkt werden, wenn auch Transparenz gegeben ist. Daher
haben wir den Verfassungsschutz umfassend reformiert, seine Aufgaben transparent
und effizient geregelt sowie die Kontrolle durch das Parlament massiv
ausgeweitet.
Wir wollen das Vertrauen in die Öffentliche Sicherheit auch durch eine
faktenbasierte Innenpolitik steigern, zum Beispiel mit Hilfe eines periodischen
Sicherheitsberichts. Denn alle Maßnahmen müssen sich an wissenschaftlichen
Erkenntnissen orientieren und für die Bürger*innen durch relevante Informationen
auch nachvollziehbar sein.
Polizei: Bürgernah, transparent und gut ausgestattet
Ein elementarer Bestandteil der Sicherheitsstruktur in unserem Land ist die
Polizei. Sie steht vor komplexen Herausforderungen. Daher wollen wir das
Polizeipersonal nachhaltig aufstocken. Polizist*innen brauchen Entlastung,
Tarifangestellte Perspektiven. Mehr Arbeit muss auf mehr Schultern verteilt
werden. Deswegen fordern wir eine Mindeststärke an Polizeibeamt*innen für
Rheinland-Pfalz. Dafür ist eine wissenschaftlich fundierte langfristige
Gesamtpersonalplanung nötig. Handlungsbedarf sehen wir sowohl bei der
Einsatzverpflegung als auch bei der technischen Ausstattung. Auch braucht die
Polizei genügend personelle Ressourcen. Nicht selten ist der Erfolg der
Polizeiarbeit abhängig von der Häufigkeit und Intensität der Kontrollen.
Wir GRÜNE setzen auf eine nahbare Bürgerpolizei. Bei der Polizei suchen wir Wege hin zu situationsbedingten Einsätzen auch ohne Bewaffnung mit Handfeuerwaffen. Dafür wollen wir das
Stellenprofil der Bezirksbeamt*innen ausbauen. Ein guter Draht zur Bevölkerung
und vernetzte Akteur*innen im Sicherheitsbereich sind Voraussetzungen für eine
erfolgreiche Polizeiarbeit. Deswegen wollen wir die Kriminalpräventiven Räte
stärken, in denen Vertreter*innen der Kommunen, Ehrenamtliche und Polizei
zusammenkommen.
Soziale Kompetenzen und Transparenz
Rheinland-Pfalz ist das erste Bundesland mit einer demokratisch gewählten
unabhängigen Beauftragt*en für die Landespolizei. Bürger*innen und
Polizist*innen können sich an sie wenden, wenn sie Kritik oder Anregungen
loswerden wollen. Damit haben wir Transparenz und eine offene Fehlerkultur
institutionalisiert. Für ein gutes Miteinander soll der*die Beauftragte für die
Landespolizei noch stärker als Mediator*in wirken. Insbesondere, wenn kritische
Demonstrationen bevorstehen, brauchen wir proaktives Handeln, das der*die
Landesbeauftragte* leisten könnte. In diesem Zusammenhang wollen wir GRÜNE
prüfen, ob Rheinland-Pfalz ein eigenes Versammlungsgesetz braucht.
Die Polizei muss gut ausgebildet und motiviert sein. Bei der Aus- und
Fortbildung muss der Fokus auf interkulturellen Kompetenzen und Diversität
liegen, ebenso auf Demokratiebildung, um rechten Tendenzen bei den
Sicherheitsbehörden vorzubeugen. Die Kommission Innere Führung beschäftigt sich
mit den internen Abläufen und der Führungsverantwortung in der Polizei. Damit
sie handlungssicher in allen Situationen ist, wollen wir das Thema
Deeskalationsstrategien stärker verankern.
Polizei als gute Arbeitgeberin
Die Frauenförderung in der Polizei hat für uns besondere Priorität. Wir brauchen
mehr wissenschaftliche Forschung zum Aufstieg beziehungsweise Nicht-Aufstieg von
Frauen bei der Polizei. Auf Basis dieser Fakten wollen wir die Förderung von
Frauen verstärken. Dabei soll Führen in Teilzeit keine Ausnahme mehr sein,
sondern gelebte Realität.
Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Polizeiberuf deutlich stärken. Die
Polizeiarbeit zeichnet sich durch lange Arbeitszeiten, unvorhersehbare Einsätze,
die Arbeit im Wechselschichtdienst und langen Fahrtstrecken in der Aus- und
Fortbildung aus. Wir streben den mobilen Arbeitsplatz an, damit die Sacharbeit
nach einem Polizeieinsatz auch von zu Hause erledigt werden kann. Ebenso
unterstützten wir flexible Modelle der Kinderbetreuung für Dienststellen.
Wir GRÜNE kümmern uns auch um die psychische und physische Gesundheit der
Polizei. Dies tun wir nicht nur, um die staatliche Fürsorgepflicht zu erfüllen,
sondern auch, damit in hitzigen Situationen ein kühler Kopf bewahrt werden kann.
Zudem bringt der Polizeiberuf viel Vergeblichkeitserfahrung mit sich. Damit und
anderen schlimmen Erlebnissen wollen wir Polizist*innen nicht allein lassen und
bauen deshalb auf eine proaktive Supervision. Es muss in regelmäßigen Abständen
Gespräche geben. Auch die – wegen des Projekts Gesünder arbeiten in der Polizei
(GAP) – geänderten Wechselschichtdienstmodelle wollen wir optimieren.
Kriminalität wissenschaftlich bei der Wurzel packen
Wir GRÜNE stehen für eine faktenbasierte Sicherheitspolitik. Durch gesicherte
Informationen zur Kriminalität wollen wir Falschbehauptungen und rechten Parolen
den Nährboden entziehen. Ein gesetzlich verankerter Periodischer
Sicherheitsbericht könnte konkrete Hinweise geben, wo genau wir hinschauen und
anpacken müssen. Die Polizeiliche Kriminalstatistik bildet durch ihre
Beschränkung auf das Anzeigeverhalten immer nur einen Trend ab, ein periodischer
Sicherheitsbericht könnte die Kriminalitätslage umfassender darstellen. Verortet
werden könnte er bei der Hochschule der Polizei, dadurch würde diese auch als
Wissenschaftsstandort gestärkt.
Bürgerrechte und Prävention
Die Polizei in Rheinland-Pfalz soll handlungsfähig bleiben. Dafür braucht sie
effektive Befugnisse. Wir GRÜNE achten stets auf Bürgerrechte und
Verhältnismäßigkeit bei den Eingriffsbefugnissen der Polizei. Die
Onlinedurchsuchung wird kaum genutzt, weil die rechtlichen Voraussetzungen nicht
einhaltbar sind. Wir wollen diese Regelung daher streichen. Rechtlich kritisch
sehen wir auch die Vorratsdatenspeicherung und den Einsatz der Bodycam in
Wohnungen, weil damit ein massiver Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung
verbunden ist. Zudem positionieren wir uns gegen die biometrische
Gesichtserkennung und die massive Ausweitung der Videoüberwachung.
Gewalt lehnen wir entschieden ab. Wir halten an unserem Grundsatz fest:
Prävention ist besser als Repression. Deswegen unterstützen wir präventive
Täterarbeit, Gewaltpräventionsprogramme, das Erlernen gewaltfreier Kommunikation
und die Arbeit der Leitstellen Kriminalprävention. Zudem soll ein bewusster
Umgang mit Opfern bei der Aufarbeitung helfen. Dabei haben wir insbesondere die
Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen und sexualisierter Gewalt im
Auge. Das rheinland-pfälzische Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen
sozialen Beziehungen (RIGG) sowie das High Risk Management bei Fällen von
häuslicher Gewalt bringen alle Verantwortlichen an einen Tisch. Polizei,
Gerichte, Jugendämter, Frauenhäuser und Täterarbeitseinrichtungen kooperieren
eng miteinander, um häusliche Gewalt frühzeitig zu erkennen, rechtzeitig zu
verhindern und Opfern zu helfen. Die bestehenden Angebote wollen wir um eine
Anlaufstelle für von Gewalt in engen sozialen Beziehungen betroffene Männer
ergänzen.
Ein effektiver polizeilicher Informationsaustausch mit Kolleg*innen aus anderen
Bundesländern ist genauso wichtig wie ein internationaler Austausch zwischen
Strafverfolgungsbehörden. Wir GRÜNE unterstützen die Schaffung notwendiger
Strukturen und setzen dabei auf Datensparsamkeit und Transparenz. Datenabfragen
müssen verfolgbar sein, um Missbrauch zu verhindern. Datenschutz ist kein Stein,
der in den Weg einer erfolgreichen Gefahrenabwehr gelegt wird, sondern eine
grundrechtssichernde Voraussetzung, die eine Gefahrenabwehr erst ermöglicht. Die
Aufbereitung, Auswertung und Analyse von Daten aus polizeilichen Systemen kann
den Polizist*innen wichtige und notwendige Erkenntnisse liefern, um auf
zielgerichtete Maßnahmen und genaue Lagebeurteilungen vorzunehmen. Wie in allen
polizeilichen Bereichen müssen auch hier die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit
und Transparenz gelten. Grundlegende Bürger*innenrechte und der Schutz der
Privatsphäre müssen gewahrt werden und dürfen nicht leichtfertig eingeschränkt
werden. Unter dem Aspekt der digitalen Souveränität sollen Sicherheitsbehörden
Analysesoftware zukünftig selbst mitentwickeln und mit europäischen Anbietern
zusammenarbeiten.
Sportliche Großveranstaltungen müssen sicher sein. Das ist für uns GRÜNE klar.
Dafür muss die bisherige Praxis der Datenerhebung „Szenekundiger Polizeibeamter“
(SKB-Dateien) auf den Prüfstand, um mehr Transparenz, Datenschutz und
Wirksamkeit zu erreichen. Betroffene der Datenspeicherung sollen bei einer
Eintragung benachrichtigt werden, damit sie Rechtschutz geltend machen können.
Eine Benachrichtigungspflicht entfaltet gleichzeitig präventive Wirkung für mehr
Sicherheitim Stadion. Die Datei „Gewalttäter-Sport“ ist hingegen unpräzise. Wir
wollen diese unnütze Verbunddatei abschaffen.
Für die Abwehr von Gefahren ist auch der Kommunale Vollzugsdienst zuständig. Wir
wollen die Ausbildung reformieren, denn zurzeit umfasst sie lediglich zehn
Wochen. Eine nachhaltigere Wissensvermittlung kann einen besseren Schutz für die
öffentliche Sicherheit in den Kommunen garantieren. Gleichzeitig sollen der
Kommunale Vollzugsdienst und die Polizei weiter eigenständige, unterscheidbare
Instanzen bleiben. Eine Aufrüstung des Kommunalen Vollzugsdienstes mit Distanz-
Elektroimpulsgeräten lehnen wir ab.
Verfassung schützen
Feinden unserer demokratischen Grundordnung sagen wir weiter den Kampf an. Dazu
gehört eine intensive Präventionsarbeit, beispielsweise gegen islamistischen und
rechten Terror. Die Sicherheitsbehörden in unserem Land müssen eng mit Bund und
Ländern zusammenarbeiten. Wir wollen die bestehenden Präventionsangebote gegen
Demokratiefeindlichkeit erhalten, dazu gehören Programme zur Deradikalisierung
junger Menschen, Beratung von Angehörigen, Bildungseinrichtungen und
Ausstiegshilfen. Es darf erst gar nicht zu einer Radikalisierung kommen.
Der Verfassungsschutz ist ebenfalls Teil der Sicherheitsstruktur in Rheinland-
Pfalz. Als Frühwarnsystem dient er dem Schutz unserer Werte wie Freiheit,
Gleichheit, Vielfalt und Toleranz. Wir haben den Landesverfassungsschutz
umfassend reformiert und die parlamentarische Kontrolle massiv ausgeweitet. Die
Befugnisse des Verfassungsschutzes haben wir transparent geregelt und angepasst.
Wir werden die Umsetzung des neuen Landesverfassungsschutzgesetzes kritisch
begleiten.
Justiz zeitgemäß weiterentwickeln
Eine wesentliche Säule unseres freiheitlichen Rechtsstaats ist die Justiz. An
den Gerichten haben wir neue Stellen geschaffen und die eAkte eingeführt. Mehr
Rechtspfleger*innen und Justizwachtmeister*innen sollen die Funktionsfähigkeit
der Gerichte und die Sicherheit in den Gerichtsgebäuden gewährleisten. Neue
Kriminalitätsbereiche erfordern eine angemessene Zahl an Richter*innen,
Staatsanwält*innen und Rechtspfleger*innen. Bei der Aus- und Fortbildung wollen
wir unserer Justiz immer wieder aktualisierte Erkenntnisse über eine effektive
Strafverfolgung und Ahndung vermitteln. Bereiche wie Cybercrime erfordern ein
ständiges Update der vorhandenen Kenntnisse.
Für einen humanen Strafvollzug
Wir GRÜNE stehen für einen humanen und auf Resozialisierung ausgelegten
Strafvollzug, in dem Menschen befähigt werden, ein straffreies Leben in sozialer
Verantwortung zu leben. Durch eine frühzeitige Unterbringung im offenen Vollzug
können soziale Beziehungen und der Arbeitsplatz erhalten bleiben. Damit das
gelingt, wollen wir GRÜNE die Kapazitäten im offenen Vollzug ausbauen. Ein
besonderes Augenmerk legen wir auf das Übergangsmanagement. Nach abgesessener
Strafe soll der Start in die Freiheit möglichst reibungslos verlaufen, um
Rückfälle zu vermeiden. Durch engmaschige Betreuungsangebote vor, nach und
während der Haftzeit kann der Übergang verbessert werden. Den Justizvollzug
wollen wir durch mehr Personal entlasten und Ersatzfreiheitsstrafen vermeiden.
Im Bereich der Jugendkriminalität verfolgen wir einen pädagogischen Ansatz. Wir
wollen die Häuser desJugendrechts in den Regionen stärken und ausbauen. Dort
sitzen Polizei, Justiz und soziale Träger an einem Tisch, um delinquente
Jugendlichen zu unterstützen.
Feuerwehr und Hilfsorganisationen stärken
Für die Sicherheit in unserem Land sorgt auch die haupt- und ehrenamtliche
Feuerwehr. Ihre Angehörigen bilden das Rückgrat des Brand- und
Katastrophenschutzes in Rheinland-Pfalz. Weit über die Hälfte der
Feuerwehrkräfte sind ehrenamtliche Aktive. Ihr Engagement wollen wir GRÜNE
weiterhin fördern, um eine effektive Gefahrenabwehr zu garantieren. Insbesondere
wollen wir Nachwuchs gewinnen, damit die Feuerwehr auch in Zukunft gut
aufgestellt ist. Neben der Feuerwehr sorgen der hochkompetent aufgestellte
Rettungsdienst und die Hilfsorganisationen für die öffentliche Sicherheit in
Rheinland-Pfalz. Wir müssen attraktive Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche und
Nachwuchskräfte bieten. Da sie einen Teil der staatlichen Daseinsfürsorge
leisten, können sie auf eine Unterstützung durch uns GRÜNE zählen.
Von Zeile 37 bis 38 einfügen:
Wir GRÜNE setzen auf eine nahbare Bürgerpolizei. Bei der Polizei suchen wir Wege hin zu situationsbedingten Einsätzen auch ohne Bewaffnung mit Handfeuerwaffen. Dafür wollen wir das Stellenprofil der Bezirksbeamt*innen ausbauen. Ein guter Draht zur Bevölkerung
Wir GRÜNE sind eine Partei für Menschen- und Bürgerrechte. Das Recht auf freie
Entfaltung der Persönlichkeit, die Versammlungsfreiheit oder die
Gleichberechtigung von Mann und Frau sind für uns hohe Güter und Maßstab unserer
Politik. Öffentliche Sicherheit trägt dazu bei, dass wir diese Rechte
durchsetzen können und sich jede*r frei entfalten kann. Ohne Sorge vor
Kriminalität, Anfeindung oder Gewalt zu sein, ist ein großes Stück Freiheit.
Deshalb wollen wir einen modernen, handlungsfähigen und zugleich freiheitlichen
Rechtsstaat. Dazu gehört Vertrauen in die staatlichen Institutionen.
Wir wollen, dass alle Menschen gleich vom Staat behandelt werden, unabhängig von
ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung, ihres
Geschlechts, ihrer Religion oder ihrem Bildungsgrad. Um dies zu erreichen,
wollen wir die sicherheitspolitischen Strukturen in Rheinland-Pfalz und die
Rechte der Menschen gegenüber dem Staat stärken. Dazu zählt für uns auch eine
bürgernahe Polizei. Mit der Online-Wache der Polizei haben wir bereits einen
einfach zugänglichen Service auf den Weg gebracht, der es ermöglicht, digital
Strafanzeige von zuhause aus zu erstatten statt auf einer Polizeidienststelle.
Vertrauen kann nur gestärkt werden, wenn auch Transparenz gegeben ist. Daher
haben wir den Verfassungsschutz umfassend reformiert, seine Aufgaben transparent
und effizient geregelt sowie die Kontrolle durch das Parlament massiv
ausgeweitet.
Wir wollen das Vertrauen in die Öffentliche Sicherheit auch durch eine
faktenbasierte Innenpolitik steigern, zum Beispiel mit Hilfe eines periodischen
Sicherheitsberichts. Denn alle Maßnahmen müssen sich an wissenschaftlichen
Erkenntnissen orientieren und für die Bürger*innen durch relevante Informationen
auch nachvollziehbar sein.
Polizei: Bürgernah, transparent und gut ausgestattet
Ein elementarer Bestandteil der Sicherheitsstruktur in unserem Land ist die
Polizei. Sie steht vor komplexen Herausforderungen. Daher wollen wir das
Polizeipersonal nachhaltig aufstocken. Polizist*innen brauchen Entlastung,
Tarifangestellte Perspektiven. Mehr Arbeit muss auf mehr Schultern verteilt
werden. Deswegen fordern wir eine Mindeststärke an Polizeibeamt*innen für
Rheinland-Pfalz. Dafür ist eine wissenschaftlich fundierte langfristige
Gesamtpersonalplanung nötig. Handlungsbedarf sehen wir sowohl bei der
Einsatzverpflegung als auch bei der technischen Ausstattung. Auch braucht die
Polizei genügend personelle Ressourcen. Nicht selten ist der Erfolg der
Polizeiarbeit abhängig von der Häufigkeit und Intensität der Kontrollen.
Wir GRÜNE setzen auf eine nahbare Bürgerpolizei. Bei der Polizei suchen wir Wege hin zu situationsbedingten Einsätzen auch ohne Bewaffnung mit Handfeuerwaffen. Dafür wollen wir das
Stellenprofil der Bezirksbeamt*innen ausbauen. Ein guter Draht zur Bevölkerung
und vernetzte Akteur*innen im Sicherheitsbereich sind Voraussetzungen für eine
erfolgreiche Polizeiarbeit. Deswegen wollen wir die Kriminalpräventiven Räte
stärken, in denen Vertreter*innen der Kommunen, Ehrenamtliche und Polizei
zusammenkommen.
Soziale Kompetenzen und Transparenz
Rheinland-Pfalz ist das erste Bundesland mit einer demokratisch gewählten
unabhängigen Beauftragt*en für die Landespolizei. Bürger*innen und
Polizist*innen können sich an sie wenden, wenn sie Kritik oder Anregungen
loswerden wollen. Damit haben wir Transparenz und eine offene Fehlerkultur
institutionalisiert. Für ein gutes Miteinander soll der*die Beauftragte für die
Landespolizei noch stärker als Mediator*in wirken. Insbesondere, wenn kritische
Demonstrationen bevorstehen, brauchen wir proaktives Handeln, das der*die
Landesbeauftragte* leisten könnte. In diesem Zusammenhang wollen wir GRÜNE
prüfen, ob Rheinland-Pfalz ein eigenes Versammlungsgesetz braucht.
Die Polizei muss gut ausgebildet und motiviert sein. Bei der Aus- und
Fortbildung muss der Fokus auf interkulturellen Kompetenzen und Diversität
liegen, ebenso auf Demokratiebildung, um rechten Tendenzen bei den
Sicherheitsbehörden vorzubeugen. Die Kommission Innere Führung beschäftigt sich
mit den internen Abläufen und der Führungsverantwortung in der Polizei. Damit
sie handlungssicher in allen Situationen ist, wollen wir das Thema
Deeskalationsstrategien stärker verankern.
Polizei als gute Arbeitgeberin
Die Frauenförderung in der Polizei hat für uns besondere Priorität. Wir brauchen
mehr wissenschaftliche Forschung zum Aufstieg beziehungsweise Nicht-Aufstieg von
Frauen bei der Polizei. Auf Basis dieser Fakten wollen wir die Förderung von
Frauen verstärken. Dabei soll Führen in Teilzeit keine Ausnahme mehr sein,
sondern gelebte Realität.
Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Polizeiberuf deutlich stärken. Die
Polizeiarbeit zeichnet sich durch lange Arbeitszeiten, unvorhersehbare Einsätze,
die Arbeit im Wechselschichtdienst und langen Fahrtstrecken in der Aus- und
Fortbildung aus. Wir streben den mobilen Arbeitsplatz an, damit die Sacharbeit
nach einem Polizeieinsatz auch von zu Hause erledigt werden kann. Ebenso
unterstützten wir flexible Modelle der Kinderbetreuung für Dienststellen.
Wir GRÜNE kümmern uns auch um die psychische und physische Gesundheit der
Polizei. Dies tun wir nicht nur, um die staatliche Fürsorgepflicht zu erfüllen,
sondern auch, damit in hitzigen Situationen ein kühler Kopf bewahrt werden kann.
Zudem bringt der Polizeiberuf viel Vergeblichkeitserfahrung mit sich. Damit und
anderen schlimmen Erlebnissen wollen wir Polizist*innen nicht allein lassen und
bauen deshalb auf eine proaktive Supervision. Es muss in regelmäßigen Abständen
Gespräche geben. Auch die – wegen des Projekts Gesünder arbeiten in der Polizei
(GAP) – geänderten Wechselschichtdienstmodelle wollen wir optimieren.
Kriminalität wissenschaftlich bei der Wurzel packen
Wir GRÜNE stehen für eine faktenbasierte Sicherheitspolitik. Durch gesicherte
Informationen zur Kriminalität wollen wir Falschbehauptungen und rechten Parolen
den Nährboden entziehen. Ein gesetzlich verankerter Periodischer
Sicherheitsbericht könnte konkrete Hinweise geben, wo genau wir hinschauen und
anpacken müssen. Die Polizeiliche Kriminalstatistik bildet durch ihre
Beschränkung auf das Anzeigeverhalten immer nur einen Trend ab, ein periodischer
Sicherheitsbericht könnte die Kriminalitätslage umfassender darstellen. Verortet
werden könnte er bei der Hochschule der Polizei, dadurch würde diese auch als
Wissenschaftsstandort gestärkt.
Bürgerrechte und Prävention
Die Polizei in Rheinland-Pfalz soll handlungsfähig bleiben. Dafür braucht sie
effektive Befugnisse. Wir GRÜNE achten stets auf Bürgerrechte und
Verhältnismäßigkeit bei den Eingriffsbefugnissen der Polizei. Die
Onlinedurchsuchung wird kaum genutzt, weil die rechtlichen Voraussetzungen nicht
einhaltbar sind. Wir wollen diese Regelung daher streichen. Rechtlich kritisch
sehen wir auch die Vorratsdatenspeicherung und den Einsatz der Bodycam in
Wohnungen, weil damit ein massiver Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung
verbunden ist. Zudem positionieren wir uns gegen die biometrische
Gesichtserkennung und die massive Ausweitung der Videoüberwachung.
Gewalt lehnen wir entschieden ab. Wir halten an unserem Grundsatz fest:
Prävention ist besser als Repression. Deswegen unterstützen wir präventive
Täterarbeit, Gewaltpräventionsprogramme, das Erlernen gewaltfreier Kommunikation
und die Arbeit der Leitstellen Kriminalprävention. Zudem soll ein bewusster
Umgang mit Opfern bei der Aufarbeitung helfen. Dabei haben wir insbesondere die
Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen und sexualisierter Gewalt im
Auge. Das rheinland-pfälzische Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen
sozialen Beziehungen (RIGG) sowie das High Risk Management bei Fällen von
häuslicher Gewalt bringen alle Verantwortlichen an einen Tisch. Polizei,
Gerichte, Jugendämter, Frauenhäuser und Täterarbeitseinrichtungen kooperieren
eng miteinander, um häusliche Gewalt frühzeitig zu erkennen, rechtzeitig zu
verhindern und Opfern zu helfen. Die bestehenden Angebote wollen wir um eine
Anlaufstelle für von Gewalt in engen sozialen Beziehungen betroffene Männer
ergänzen.
Ein effektiver polizeilicher Informationsaustausch mit Kolleg*innen aus anderen
Bundesländern ist genauso wichtig wie ein internationaler Austausch zwischen
Strafverfolgungsbehörden. Wir GRÜNE unterstützen die Schaffung notwendiger
Strukturen und setzen dabei auf Datensparsamkeit und Transparenz. Datenabfragen
müssen verfolgbar sein, um Missbrauch zu verhindern. Datenschutz ist kein Stein,
der in den Weg einer erfolgreichen Gefahrenabwehr gelegt wird, sondern eine
grundrechtssichernde Voraussetzung, die eine Gefahrenabwehr erst ermöglicht. Die
Aufbereitung, Auswertung und Analyse von Daten aus polizeilichen Systemen kann
den Polizist*innen wichtige und notwendige Erkenntnisse liefern, um auf
zielgerichtete Maßnahmen und genaue Lagebeurteilungen vorzunehmen. Wie in allen
polizeilichen Bereichen müssen auch hier die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit
und Transparenz gelten. Grundlegende Bürger*innenrechte und der Schutz der
Privatsphäre müssen gewahrt werden und dürfen nicht leichtfertig eingeschränkt
werden. Unter dem Aspekt der digitalen Souveränität sollen Sicherheitsbehörden
Analysesoftware zukünftig selbst mitentwickeln und mit europäischen Anbietern
zusammenarbeiten.
Sportliche Großveranstaltungen müssen sicher sein. Das ist für uns GRÜNE klar.
Dafür muss die bisherige Praxis der Datenerhebung „Szenekundiger Polizeibeamter“
(SKB-Dateien) auf den Prüfstand, um mehr Transparenz, Datenschutz und
Wirksamkeit zu erreichen. Betroffene der Datenspeicherung sollen bei einer
Eintragung benachrichtigt werden, damit sie Rechtschutz geltend machen können.
Eine Benachrichtigungspflicht entfaltet gleichzeitig präventive Wirkung für mehr
Sicherheitim Stadion. Die Datei „Gewalttäter-Sport“ ist hingegen unpräzise. Wir
wollen diese unnütze Verbunddatei abschaffen.
Für die Abwehr von Gefahren ist auch der Kommunale Vollzugsdienst zuständig. Wir
wollen die Ausbildung reformieren, denn zurzeit umfasst sie lediglich zehn
Wochen. Eine nachhaltigere Wissensvermittlung kann einen besseren Schutz für die
öffentliche Sicherheit in den Kommunen garantieren. Gleichzeitig sollen der
Kommunale Vollzugsdienst und die Polizei weiter eigenständige, unterscheidbare
Instanzen bleiben. Eine Aufrüstung des Kommunalen Vollzugsdienstes mit Distanz-
Elektroimpulsgeräten lehnen wir ab.
Verfassung schützen
Feinden unserer demokratischen Grundordnung sagen wir weiter den Kampf an. Dazu
gehört eine intensive Präventionsarbeit, beispielsweise gegen islamistischen und
rechten Terror. Die Sicherheitsbehörden in unserem Land müssen eng mit Bund und
Ländern zusammenarbeiten. Wir wollen die bestehenden Präventionsangebote gegen
Demokratiefeindlichkeit erhalten, dazu gehören Programme zur Deradikalisierung
junger Menschen, Beratung von Angehörigen, Bildungseinrichtungen und
Ausstiegshilfen. Es darf erst gar nicht zu einer Radikalisierung kommen.
Der Verfassungsschutz ist ebenfalls Teil der Sicherheitsstruktur in Rheinland-
Pfalz. Als Frühwarnsystem dient er dem Schutz unserer Werte wie Freiheit,
Gleichheit, Vielfalt und Toleranz. Wir haben den Landesverfassungsschutz
umfassend reformiert und die parlamentarische Kontrolle massiv ausgeweitet. Die
Befugnisse des Verfassungsschutzes haben wir transparent geregelt und angepasst.
Wir werden die Umsetzung des neuen Landesverfassungsschutzgesetzes kritisch
begleiten.
Justiz zeitgemäß weiterentwickeln
Eine wesentliche Säule unseres freiheitlichen Rechtsstaats ist die Justiz. An
den Gerichten haben wir neue Stellen geschaffen und die eAkte eingeführt. Mehr
Rechtspfleger*innen und Justizwachtmeister*innen sollen die Funktionsfähigkeit
der Gerichte und die Sicherheit in den Gerichtsgebäuden gewährleisten. Neue
Kriminalitätsbereiche erfordern eine angemessene Zahl an Richter*innen,
Staatsanwält*innen und Rechtspfleger*innen. Bei der Aus- und Fortbildung wollen
wir unserer Justiz immer wieder aktualisierte Erkenntnisse über eine effektive
Strafverfolgung und Ahndung vermitteln. Bereiche wie Cybercrime erfordern ein
ständiges Update der vorhandenen Kenntnisse.
Für einen humanen Strafvollzug
Wir GRÜNE stehen für einen humanen und auf Resozialisierung ausgelegten
Strafvollzug, in dem Menschen befähigt werden, ein straffreies Leben in sozialer
Verantwortung zu leben. Durch eine frühzeitige Unterbringung im offenen Vollzug
können soziale Beziehungen und der Arbeitsplatz erhalten bleiben. Damit das
gelingt, wollen wir GRÜNE die Kapazitäten im offenen Vollzug ausbauen. Ein
besonderes Augenmerk legen wir auf das Übergangsmanagement. Nach abgesessener
Strafe soll der Start in die Freiheit möglichst reibungslos verlaufen, um
Rückfälle zu vermeiden. Durch engmaschige Betreuungsangebote vor, nach und
während der Haftzeit kann der Übergang verbessert werden. Den Justizvollzug
wollen wir durch mehr Personal entlasten und Ersatzfreiheitsstrafen vermeiden.
Im Bereich der Jugendkriminalität verfolgen wir einen pädagogischen Ansatz. Wir
wollen die Häuser desJugendrechts in den Regionen stärken und ausbauen. Dort
sitzen Polizei, Justiz und soziale Träger an einem Tisch, um delinquente
Jugendlichen zu unterstützen.
Feuerwehr und Hilfsorganisationen stärken
Für die Sicherheit in unserem Land sorgt auch die haupt- und ehrenamtliche
Feuerwehr. Ihre Angehörigen bilden das Rückgrat des Brand- und
Katastrophenschutzes in Rheinland-Pfalz. Weit über die Hälfte der
Feuerwehrkräfte sind ehrenamtliche Aktive. Ihr Engagement wollen wir GRÜNE
weiterhin fördern, um eine effektive Gefahrenabwehr zu garantieren. Insbesondere
wollen wir Nachwuchs gewinnen, damit die Feuerwehr auch in Zukunft gut
aufgestellt ist. Neben der Feuerwehr sorgen der hochkompetent aufgestellte
Rettungsdienst und die Hilfsorganisationen für die öffentliche Sicherheit in
Rheinland-Pfalz. Wir müssen attraktive Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche und
Nachwuchskräfte bieten. Da sie einen Teil der staatlichen Daseinsfürsorge
leisten, können sie auf eine Unterstützung durch uns GRÜNE zählen.
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