Veranstaltung: | LDV in Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Kapitel 8 Arbeit – Soziales – Teilhabe – Inklusion und Barrierefreiheit |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Digitale LDV Idar-Oberstein |
Beschlossen am: | 05.12.2020 |
Eingereicht: | 09.12.2020, 11:40 |
Antragshistorie: | Version 1 |
8. Solidarische Gesellschaft – Gerechte Teilhabe
Text
Die Corona-Krise hat zwar alle Menschen getroffen, aber nicht alle gleich hart.
Die Krise hat soziale Gräben noch vertieft: Einkommensschwache Menschen,
Alleinerziehende, Beschäftigte in Branchen und Betrieben ohne Tarifvertrag und
ohne Mitbestimmung, Frauen, Honorarkräfte und Solo-Selbstständige waren stärker
betroffen als andere. Viele mussten und müssen immer noch um ihre Existenz
bangen, ganzen Lebensentwürfen wurden die Grundlagen entzogen. Wenn soziale
Gegensätze größer werden, dann kommt es umso mehr auf eine inklusive Politik an,
die alle Menschen im Blick hat und sozialen Ausgleich schafft. Eine
Gesellschaft, die Menschen in Unsicherheit zurücklässt und große Ungleichheit
zulässt, verliert den Zusammenhalt. Dagegen setzen wir unser inklusives Leitbild
einer solidarischen Gesellschaft, die niemanden ausgrenzt, die unterstützt und
in der „Zusammenhalt“ groß geschrieben wird.
Alle Menschen sollen in Würde und selbstbestimmt leben können. Dazu zählt für
uns auch eine gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Soziale
Sicherungssysteme müssen tatsächliche Bedarfe abbilden, um den Menschen in
schwierigen Zeiten Sicherheit und Bewegungsfreiheit geben zu können. Hartz IV
gehört deshalb durch die Konzepte einer grünen Kindergrundsicherung und einer
grünen Garantiesicherung ersetzt. Zu gerechter Teilhabe gehört auch, dass alle
öffentlichen Gebäude barrierefrei zugänglich sind, damit Betroffene persönlich
Informationen einholen und für ihre Rechte kämpfen können.
Wohnen ist ein Menschenrecht, und es muss bezahlbar sein. Das bestehende Angebot
an Wohnraum wollen wir deshalb mit einem Wohnraumschutzgesetz erhalten und
wuchernde Mieten mit Hilfe von Mietpreisbremsen stoppen. Mit unserer grünen
Politik wollen wir die Ungleichheiten und Barrieren in unserer Gesellschaft
beseitigen.
Wir sagen Armut den Kampf an
Alle Menschen sollten die Möglichkeit haben, nicht nur ihren Lebensunterhalt zu
bestreiten, sondern auch eine gute Schulbildung abzuschließen, sich im
Sportverein zu betätigen oder ein Musikinstrument zu erlernen. Das ist oft nur
möglich, wenn man das nötige Geld dafür in der Tasche hat. Wir wollen mit
unseren grünen Ideen das verfassungsmäßige Grundrecht auf ein menschenwürdiges
Existenzminimum so ausgestalten, dass Menschen nicht nur überleben, sondern in
Würde leben können. In Deutschland lebt jedes fünfte Kind dauerhaft oder häufig
wiederkehrend in Armut. Noch immer hängen die Chancen von Kindern stark von der
wirtschaftlichen Situation der Eltern ab. Wir wollen daher auf Bundesebene eine
grüne Kindergrundsicherung einführen. Hartz IV soll durch die grüne
Garantiesicherung, ersetzt werden. Unser Modell der Garantiesicherung
unterstützt die Menschen auf Augenhöhe, garantiert ihre gesellschaftliche
Teilhabe und gibt in schwierigen Zeiten Sicherheit. Die Regelsätze sollen neu
berechnet werden, sodass alle täglichen Bedarfe tatsächlich abgedeckt werden.
Sanktionen werden wir abschaffen. Wer ein Leben lang arbeitet, darf in seinem
Lebensabend nicht auf Grundsicherungsniveau fallen. Unsere Lösung ist das
Konzept der grünen Garantierente, die oberhalb der Grundsicherung liegt,
steuerfinanziert ist und geringere Eingangshürden als die Grundrente der Großen
Koalition hat. Wir wollen, dass SGB-II-Leistungsbezieher*innen als
Erstausstattung Haushaltsgeräte der höchsten Energieeffizienzklasse erhalten.
Wir werden die Beratung der Verbraucherzentrale und Landesförderprogramme mit
den Jobcentern vernetzen.
Wir wollen die Kommunen stärken und streben eine bessere Sozialberatung vor Ort
an. Obdachlose sollen ein Dach über dem Kopf haben und Mieten bezahlbar sein.
Wir wollen die Plätze für Obdachlose bedarfsgerecht ausbauen und dabei die
Plätze für obdachlose Frauen massiv aufstocken. Um unsere Ziele zu erreichen,
wollen wir den Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Armut konsequent umsetzen
und fortschreiben. Dabei sollen Kommunen darin bestärkt werden, aktiv gegen
Armut zu kämpfen und die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben zu
verbessern.
Wir wollen die Menschen mit ihren Stärken und in ihrem gesamten
Lebenszusammenhang fördern. Deshalb setzen wir uns insbesondere für den Ausbau
der Gemeinwesen- und Sozialarbeit vor Ort, im Quartier oder im Dorf ein. Dazu
zählen direkte Anlaufstellen: Wir wollen Modellversuche für
Grundsicherungsservicebüros in den Kreisen und kreisfreien Städten unterstützen,
die alle Grundsicherungsleistungen der Kommune bündeln und die Jobcenter zur
Mitwirkung einladen. Zusätzlich sollen auch die Clearingstelle für Menschen ohne
Krankenversicherung und die flächendeckende Schuldnerberatung weiter ausgebaut
werden. Jeder Kreis und jede Stadt sollte für Menschen, die Grundsicherung
beziehen, einen kommunalen Sozialpass einführen, der von Institutionen und
Verwaltungen ohne weitere bürokratische Prüfung anerkannt wird. Das wollen wir
als Land unterstützen.
Sozialtickets landesweit fördern
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben kann der tägliche Einkauf, der Arztbesuch,
der Besuch von Museen und Konzerten oder ein Besuch bei Verwandten sein. Für
Teilhabe an der Gesellschaft ist Mobilität eine wesentliche Voraussetzung. Das
Land soll die Kommunen und Verkehrsverbünde landesweit mit einem Förderprogramm
unterstützen und ein Sozialticket für Grundsicherungsempfänger*innen einführen.
Dieses Sozialticket darf nicht mehr kosten als im Regelbedarf für Mobilität
vorgesehen ist.
Ein zukunftsfähiger Arbeitsmarkt und faire Beschäftigung
Die Digitalisierung, die ökologische Transformation der Wirtschaft und die
Folgen der Corona-Krise führen zu starken Veränderungen des Arbeitsmarktes. Für
uns ist klar, dass alle diese Veränderungen nur im Dialog mit den Gewerkschaften
und Betriebsräten in einer starken Sozialpartnerschaft angegangen werden dürfen.
Die Vertretung von Arbeitnehmer*innen-Interessen muss in allen Unternehmen und
Branchen gelten.
Arbeit soll sich stärker am Leben der Menschen ausrichten und nicht das Leben an
der Arbeit.Dafür ist mehr Mitsprache von Beschäftigten bei Umfang, Art und
zeitlicher wie örtlicher Lage der Arbeit nötig. Wir wollen innovative
Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen: mit
einer flexiblen Vollzeit, die es Beschäftigten ermöglicht, freier zu
entscheiden, wie innerhalb eines Korridors von 30 bis 40 Stunden ihre
persönliche Vollzeit aussieht; mit einem Rückkehrrecht auf die ursprüngliche
Stundenzahl nach einer Phase der Teilzeit sowie mit einer Pflegezeit, die hilft,
die Sorge für einen nahestehenden Menschen mit dem Beruf besser zu vereinbaren.
Dafür wollen wir uns auf Bundesebene einsetzen.
Das Kurzarbeitergeld hat sich in der Krise bewährt. Wir wollen es zu einem
KurzarbeitergeldPlus weiterentwickeln und mit Qualifizierung für die ökologische
und digitale Transformation verknüpfen.
Digitalisierung der Arbeitswelt
Wir sehen in der Digitalisierung der Arbeitswelt Risiken, wie etwa eine mögliche
Überwachung, Ausbeutung und ständige Erreichbarkeit von Mitarbeitenden. Aber wir
sehen auch enorme Chancen: für mehr Freiheit und Selbstbestimmung, Souveränität
und Flexibilität. Im Vordergrund steht hierbei die Verwendung neuer Technologien
zur Unterstützung der Menschen im Arbeitsalltag, beispielsweise können durch
Vernetzung und Automatisierung vielerlei Prozesse erleichtert und abgenommen
werden.
Die Zeit des Corona-Lockdowns hat gezeigt, wie viele Bereiche der Büroarbeit
durch Homeoffice oder mobiles Arbeiten auch von zuhause erledigt werden können.
Dies war von vielen positiven Effekten begleitet, zum Beispiel einer besseren
Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der Vermeidung von unnötigen
Wegstrecken, was wiederum unserer Umwelt zugute kommt und Stress vermeidet.
Daran wollen wir anknüpfen und uns auf Bundesebene für ein Recht auf
alternierendes Homeoffice oder mobiles Arbeiten für einen Anteil der Arbeitszeit
einsetzen, wo dies möglich ist und zwingende Gründe nicht dagegen sprechen. Im
Landesdienst sollen alle ein Recht auf alternierendes Home Office oder Mobiles
Arbeiten bekommen, bei denen es arbeitsorganisatorisch grundsätzlich möglich
ist. Im öffentlichen Dienst soll es, unter Berücksichtigung der jeweiligen
dienstlichen Belange, deutlich ausgebaut werden. Dabei muss klar sein, dass
Homeoffice oder mobiles Arbeiten einen festen Arbeitsplatz nur ergänzen kann und
keine Entgrenzung der Arbeitszeit stattfinden darf. Betriebsräte und
Interessenvertretungen sollen an den Entscheidungen über Homeoffice und Mobiles
Arbeiten sowie über die Digitalisierung von Arbeitsprozessen stets beteiligt
werden.
Gute Arbeit
Menschen, die sich in sozialen und sorgenden Berufen um andere Menschen kümmern,
sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Doch es fehlt ihnen oft an
gesellschaftlicher Anerkennung und guten Arbeitsbedingungen. Das betrifft vor
allem Frauen. Ihre Leistung für das Gemeinwesen muss aufgewertet und besser
bezahlt werden. Wer arbeitet, soll von der Arbeit gut leben können. Deshalb muss
der Mindestlohn deutlich steigen. Eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro
wollen wir auf Bundesebene erreichen. Rheinland-Pfalz muss hier mit gutem
Beispiel vorangehen und das Mindestentgelt im Landestariftreuegesetz (LTTG)
analog zu dem von uns geforderten Mindestlohn auf 12 Euro setzen.
Menschen haben ein Recht auf Feierabend: Wir schützen Arbeitnehmer*innen vor
unbeschränkten Ladenöffnungszeiten und stehen zum Sonn- und Feiertagsschutz.
Wir wollen auch Solo-Selbstständige stärker unterstützen und in das Sozialsystem
einbinden, um prekäre Lebensverhältnisse zu verhindern. Dafür sollen neue
Sicherungsmodelle entwickelt werden, die den Eintritt in die Gesundheits- und
Rentenversicherung erleichtern und Solo-Selbständigen die Möglichkeit geben,
sich gegen Arbeitslosigkeit zu versichern.
Inklusion: Miteinander mehr erreichen
Wir GRÜNE haben mit dem Landesinklusionsgesetz die Inklusionspolitik umfassend
modernisiert und auf neue Füße gestellt. Aber Menschen mit Behinderungen erleben
in ihrem Alltag noch viel zu häufig Benachteiligungen – sei es an der
Bushaltestelle, bei der Suche nach einem Job oder beim Zugang zu Informationen.
Für uns bleibt Inklusion als Menschenrecht deshalb eine Daueraufgabe. Denn wir
brauchen Strukturen, die die selbstbestimmte Teilhabe aller Menschen und gleiche
Lebenschancen von Anfang an ermöglichen. Wir wollen die Lebensqualität unserer
offenen Gesellschaft erhalten und uns für ein starkes gesellschaftliches
Miteinander einsetzen. Dazu brauchen wir den aktiven Austausch verschiedener
gesellschaftlicher Gruppen, um Vorurteile abzubauen und gemeinsame Interessen zu
fördern.
Inklusiv Arbeiten
Für uns gehören Menschen mit und ohne Behinderungen zum Alltag einer inklusiven
Arbeitswelt. Alle Menschen sollen entsprechend ihrer Fähigkeiten gefördert und
beschäftigt werden. Ausgrenzung aufgrund von Merkmalen und Orientierung an
Defiziten hemmt die Wirtschaft. Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen
im Landesdienst wollen wir durch ein zusätzliches Budget für Arbeitstellen im
Landesdienst und eine verbindliche Zielplanung der Ressorts mit Maßnahmen und
zentralem Controlling besser steuern und fördern, um damit eine
Beschäftigungsquote von 6 % zu erreichen. Das Land soll verbindliche
Zielvereinbarung mit den Werkstätten für behinderte Menschen zum Übergang von
der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt machen und diese Maßnahmen durch
Fördermittel des Europäischen Sozialfonds absichern.
Die Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen soll die Ausnahme
darstellen. Deshalb wollen wir Beschäftigung im regulären Arbeitsmarkt
erleichtern. Dafür soll ein Budget für Inklusion (zeitlich begrenzter
Mindestlohn für Werkstattbeschäftigte) modellhaft erprobt werden. Mit einem
Budget für Mobilität wollen wir erreichen, dass Werkstattbetriebe ihren
Mitarbeiter*innen mit Behinderungen eben diese Mobilität bieten können.
Wir streben an, die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen in die
Fachkräftestrategie aufzunehmen. Wir unterstützen den Ansatz der
Personenzentrierung. Denn dabei steht der Mensch mit seinen individuellen
Stärken, Fähigkeiten und Möglichkeiten immer im Mittelpunkt und wird
ganzheitlich beachtet. Alternativen zur Tagesförderstätte befürworten wir. Diese
Alternativen wollen wir weiterentwickeln, indem wir Best-Practice-Beispiele
ableiten, die überall einsetzbar sind.
Inklusionsbetriebe hatten es in der Corona-Krise besonders schwer. Daher stellen
wir sie auf festeres Fundament und bauen sie aus: Wir wollen 2000 reguläre
Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen in Inklusionsbetrieben erreichen.
Außerdem gehört für uns dazu, Inklusionsbetriebe und -abteilungen des Landes zu
schaffen. Aufträge und Vergaben des Landes sollen stärker als bisher an die
Einhaltung der Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen geknüpft werden.
Damit langzeitarbeitslose Menschen mit Behinderungen besser wieder Arbeit finden
können, brauchen wir passende Beratung mit ausreichend Personal. Das wollen wir
gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern bewirken.
Barrierefreiheit
Bis 2029 wollen wir erreichen, dass alle öffentlichen Gebäude im Landes- und
kommunalen Besitz barrierefrei sind – nicht nur für gehbehinderte, sondern auch
für hör- und sehbehinderte Menschen. Dafür wollen wir eine Landesfachstelle
Barrierefreiheit einrichten und finanziell ausstatten. Auch Kommunikation soll
barrierefrei sein. Deshalb wollen wir ein Kompetenzzentrum und -netzwerk für
digitale Barrierefreiheit aufbauen, das Bestandteil eines
Landeskompetenzzentrums Barrierefreiheit sein soll. Die Barrierefreiheit des
öffentlichen-rechtlichen Rundfunks – insbesondere des SWR – wollen wir
voranbringen: Unsere Ziele sind 100 Prozent Untertitel, mehr Audiodeskription
und mehr Deutsche Gebärdensprache.
Mitspracherechte und Teilhabe stärken
Wir streben eine kraftvolle Selbstvertretung der Menschen mit Behinderungen an,
die überall und für alle Behinderungen gelten soll. Durch professionelle
Strukturen sollen die Menschen mit Behinderungen mehr Einfluss und Mitbestimmung
haben. Der Leitsatz „Nichts über uns, ohne uns“ muss Grundlage für unser
solidarisches Handeln sein.
Die Funktion des Landesbehindertenbeauftragten als Beratungs- und Anlaufstelle
für ehren- und hauptamtliche Behindertenbeauftragte in den Kommunen wollen wir
stärken. Die kommunalen Behindertenbeauftragten wollen wir besser unterstützen,
indem das Land Kommunen bezuschusst, die ihre*n Behindertenbeauftragte*n ganz
oder teilweise vom Ehrenamt ins Hauptamt bringen wollen.
Wir setzen uns dafür ein, die maßgebliche Interessenvertretung der Menschen mit
Behinderungen zu stärken. Daneben wollen wir die Selbstvertretung der Menschen
mit Lernschwierigkeiten mit einer Aufbau-Förderung weiterentwickeln. Die
Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung wollen wir weiter vernetzen und sie
durch landesweite Werbeaktionen bekannter machen.
Mehr Inklusion in Kita, Schule, Beruf und Freizeit steigern den Respekt und
gegenseitige Wertschätzung von Menschen mit und ohne Behinderungen. Deshalb
müssen wir auch hier ansetzen. Barrieren und Ausgrenzung sollen als
Diskriminierung wahrgenommen werden, als das, was sie sind. In unserer
Gesellschaft und auch in unseren Köpfen darf Diskriminierung keinen Platz haben.
Den Landesaktionsplan zur UN-Behindertenrechtskonvention schreiben wir fort.
Nach einem breiten Beteiligungsprozess wird er bereits zur Mitte der Wahlperiode
vorliegen. Das bestehende und neue Landesrecht soll konsequent auf die
Vereinbarkeit mit der UN-Behindertenrechtskonvention überprüft und angepasst
werden.
Wir unterstützen das Vorhaben, die Kinder- und Jugendhilfe umfassend zu
reformieren. Dabei sollen alle Leistungen der Kinder und Jugendhilfe im
Sozialgesetzbuch (SGB VIII) gebündelt werden.
Teilhabe umsetzen
Wir wollen Inklusion vor Ort gestalten und das Bundesteilhabegesetz mit den
Maßstäben der UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen. Dazu wollen wir
Modellversuche ohne Beitragsanrechnungen der Eingliederungshilfe für die
leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen durchführen. Die Rahmenverträge
in der Eingliederungshilfe sollen zeitnah abgeschlossen werden oder
entsprechende Verordnungen erlassen werden, um personenzentrierte Leistungen für
die Menschen mit Behinderungen zu sichern. Mit den Regelungen soll die
Finanzierung auf inklusive und am Sozialraum orientierte Leistungen ausgerichtet
werden. Mit einer Initiative Zukunftskonferenzen selbstbestimmt Wohnen und Leben
2.0 soll dem Dezentralisierungsprozess von Wohneinrichtungen für Menschen mit
Behinderungen neuen Schwung geben.
Selbstbestimmt und bezahlbar wohnen
Wohnen ist ein Menschenrecht und gehört zu den existenziellen Grundbedürfnissen
eines jeden Menschen. Jede*r hat das Recht angemessen zu wohnen. Daher ist es
eine unserer zentralen politischen Aufgaben, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen
und zu erhalten. Das geht nur mit sozial gefördertem Wohnungsbau bei
gleichzeitiger Eindämmung der Mietpreisexplosion in unseren Städten und
Eingrenzung der Immobilienspekulationen. Wenn Kommunen einen rechtsicheren
Mietendeckel einführen wollen, werden wir sie als Land darin unterstützen, um
stark wachsenden Mieten wie in den Ballungszentren in Rheinland-Pfalz entgegen
zu wirken. Wir setzen uns für Mietpreisbremsen und Kappungsgrenzen ein, wie sie
bereits in Mainz, Trier, Landau und Speyer realisiert wurden. Damit werden die
Menschen nicht aus ihrer Stadt verdrängt. Mit dem Wohnraumschutzgesetz bekommen
Kommunen, die mit Wohnraumknappheit und mit Leerständen konfrontiert sind,
wieder Handlungsspielraum.
Wir wollen die Wohnraumförderung des Landes ausbauen, indem wir insbesondere die
sozialen Bindungen verlängern und den Erwerb von Belegungsrechten fördern. Neben
Haushalten mit geringem Einkommen und Familien werden wir auch weiterhin die
Belange von älteren Menschen und Menschen mit Behinderung bei der sozialen
Wohnraumförderung berücksichtigen. Grundsätzlich soll die soziale
Wohnraumförderung an Barrierefreiheit gebunden sein.Besonders an den
Hochschulstandorten besteht starker Druck im Wohnungsmarkt. Wir möchten daher
studentisches Wohnen besonders unterstützen. Wir fördern auch speziell
genossenschaftliches Bauen und Wohnen, weil häufig durch gemeinsame Initiative
späterer Bewohner*innen zukunftsfähige Projekte im Quartier entstehen.
Für Menschen, die das Dach über dem Kopf verloren haben, werden wir besondere
Verantwortung übernehmen. Aus einer Notlage darf keine aussichtslose Situation
werden. Auf Basis der Wohnungslosenstatistik als Teil einer integrierten
Armutsberichterstattung ist es möglich, passgenaue und bedarfsorientierte
Lösungen für die vielfältigen Bedarfe zu entwickeln bzw. vorhandene Angebote auf
ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Insbesondere das Thema (verdeckte)
Obdachlosigkeit von Frauen wollen wir vordringlich angehen. Wir wollen Projekte,
wie Trainingswohnen unterstützen. Daneben braucht es einen Härtefonds für
Maßnahmen bei lebensbedrohlichen Situationen gerade im Winter.
Kommunale Wohnraumversorgung stärken
Wir wollen Wohnungsbaugesellschaften nicht nur in den Städten, sondern auch auf
Kreisebene. Diese können überörtlich den Bedarf an Wohnungen in den Blick
nehmen. Kommunen und ihre Wohnungsbaugesellschaften brauchen Beratung beim
sozialen Wohnungsbau: Von der ökologisch und ökonomisch sinnvollen Aufstockung
und Erweiterung bestehender Bauten bis hin zu den rechtlichen Möglichkeiten bei
der Quartiergestaltung, zum Einsatz von Sozialquoten oder zu den neuen
Aufgabenfeldern bei der Schaffung von Stadtteil- und Quartierszentren und
Mehrgenerationenhäusern. Das Land soll durch eine zentrale Beratungsstelle
Kommunen verstärkt die Informationen zu möglichen Instrumenten liefern.
Mit einem Bodenfonds Rheinland-Pfalz kann Kommunen der Erwerb von zum Verkauf
stehender Flächen und Immobilien erleichtert werden. Auch Landesflächen und -
immobilien sollen über den Fonds den jeweiligen Kommunen vorrangig zugänglich
gemacht werden. So können mehr Kommunen aktive Bodenbevorratung betreiben, um
ihre sozialpolitischen, städtebaulichen und ökologischen Ziele umzusetzen. Die
Weichen für eine grundlegende Veränderung des sozialen Wohnungsbaus werden auf
Bundesebene gestellt. Mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit und einem verstärkten
Vorkaufsrecht für Kommunen setzen wir uns dafür ein, dass mehr bezahlbarer
Wohnraum geschaffen und dieser auch dauerhaft diesem Zweck gewidmet wird.