Veranstaltung: | LDV in Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Kapitel 1 Klimaschutz - Energiewende |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Digitale LDV Idar-Oberstein |
Beschlossen am: | 05.12.2020 |
Eingereicht: | 09.12.2020, 17:17 |
Antragshistorie: | Version 1 |
1. Gutes Klima – Saubere Energie
Text
Das Wissen um die planetaren Grenzen ist die Leitlinie unserer Politik. Wir
überschreiten derzeit global und national die planetaren Belastungsgrenzen in
sieben von neun Bereichen, z.B. der Artenvielfalt, Klimakrise, Phosphat- und
Nitrateintrag sowie Landnutzung. Damit gefährden wir die Stabilität unserer
Ökosysteme und unsere Lebensgrundlage. Dem entschieden zu begegnen, ist die
politische Aufgabe unserer Zeit.
Wir sind die letzte Generation, die die Weichen für den Erhalt unserer
Lebensgrundlagen und für echten Klimaschutz stellen kann. Wir müssen jetzt
handeln, damit es in wenigen Jahren nicht zu spät ist. Wir sehen die
Auswirkungen der Klimakrise auch hier in Rheinland-Pfalz: Das Artensterben
beschleunigt sich, wir verlieren vielfältige Biotope und die Wälder sterben.
Immer häufiger erleben wir Unwetter, Starkwindereignisse, Starkregen, Hochwasser
und Dürren. Unsere Wasservorräte gehen zurück, die Landwirtschaft, Tiere und
Forst, der Weinbau sowie die Menschen leiden unter der zunehmenden Zahl an
Hitzetagen und Extremwetterereignissen.
Anstatt mutig und konsequent den Klimaschutz anzugehen, verspielt die
Bundesregierung gerade unsere Zukunft. Das Kohleausstiegsgesetz der Großen
Koalition wird viel zu spät Wirkung entfalten und ist viel zu teuer. Die
fossilen Energiekonzerne vergolden dabei ihre dreckigen Kohlekraftwerke. So wird
Deutschland die internationalen Klimaziele nicht erreichen. Wir brauchen
sauberen Strom aus Erneuerbaren Energien, doch statt den Ausbau wirksam
voranzubringen bremst die Bundesregierung in unverantwortlicher Weise das
Wachstum der Windenergie und der Photovoltaik.
Wir GRÜNE geben ein anderes Tempo vor. Entschieden setzen wir uns ein für mehr
Klimaschutz und streben das Ziel einer sozial-gerechten und klimaneutralen
Gesellschaft bis 2035 an. Zentrale Grundlage für dieses Ziel ist das
Klimaabkommen von Paris und der Bericht des Weltklimarates zum 1,5 Grad-Limit.
Dafür werden wir ein Treibhausgasbudget für Rheinland-Pfalz als zentrales
Steuerungselement entwickeln und fortlaufend überprüfen. Mit diesem Fahrplan für
die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen definieren wir konkrete Meilensteine
für Land und Kommunen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Wir sind uns bewusst,
dass unser Bundesland nur mit erheblichen Anstrengungen auf den 1,5 Grad-Pfad
kommen wird. Außerdem schaffen wir dieses Ziel nur mit Rückenwind von der
Bundesebene für die Mobilitäts- und Wärmewende, den Ausbau der Erneuerbaren
Energien, die Landwirtschaft und die Gebäudesanierung.
Wir wollen in Rheinland-Pfalz noch mehr erneuerbar erzeugten Strom produzieren
und die Mobilitätswende weiter umsetzen. Im Dialog mit unserer Wirtschaft
treiben wir die ökologische wie ökonomische Transformation voran, um unseren
Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Klimaschonendes
Bauen mit Holz, die Wärmewende bei Gebäuden und die klimaschonende, ökologische
Landwirtschaft werden wir weiter stärken. Außerdem brauchen wir Klimaschutz vor
Ort und unterstützen dafür unsere Kommunen und den Bezirksverband Pfalz. Auf
grüne Initiative hat die Landesregierung eine Divestment-Strategie des Landes
für nachhaltige Finanzen verabschiedet. Damit entziehen wir umwelt- und
klimaschädlichen Unternehmen öffentliche Gelder. Wir wollen diese Strategie
erneut überprüfen und dabei das Kriterium "global coal exit list" anwenden.
Damit werden bei den Finanzen des Landes für den Ausbau der Kohleindustrie
verantwortliche Unternehmen konsequent ausgeschlossen.
Die Treibhausgasreduktion werden wir konsequent weiter vorantreiben und dafür in
den Klimaschutz investieren. Das Landesklimaschutzgesetz wollen wir
weiterentwickeln, um gemäß den Vorgaben des Pariser Klimaabkommens ein
klimaneutrales Rheinland-Pfalz zu erreichen. Wir möchten, dass der Staat, die
Gemeinden und die Gemeindeverbände bei ihrem Handeln Klimaschutz und das
Nachhaltigkeitsprinzip berücksichtigen, um die Interessen zukünftiger
Generationen zu wahren. Daher wollen wir den Klimaschutz und den
Nachhaltigkeitsgrundsatz als Staatsziel in der Verfassung verankern. Kommunen
müssen sich heute immer wieder für Investitionen rechtfertigen. Wir werden
Klimaschutz als Pflichtaufgabe der kommunalen Selbstverwaltung verankern, damit
die Kommunen in unsere Zukunft investieren können. Bei Entscheidungen der
Landesregierung und des Landtags soll eine Klimafolgenabschätzung erstellt
werden. Dabei soll der bestehende Klimabeirat zu einem Klimarat weiterentwickelt
werden, in dem Akteur*innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft stärker in
Entscheidungen eingebunden werden.
Energiewende und nachhaltiges Wirtschaften sind Herzstück des Klimaschutzes
Die Energiewende und nachhaltiges Wirtschaften sind Voraussetzung für
konsequenten Klimaschutz und damit den Erhalt unserer Lebensgrundlagen sowie
Grundlage für den Wohlstand in unserem Land. Der Ausbau der Erneuerbaren
Energien ist zu einem Standortfaktor geworden. Um unsere Klimaschutzziele zu
erreichen, müssen wir auch künftig einen dynamischen Ausbau Erneuerbarer
Energien sicherstellen. Um unseren Strom zu 100 Prozent erneuerbar zu erzeugen,
wollen wir die installierte Leistung zur Gewinnung von Windenergie mindestens
verdoppeln und die Photovoltaik-Leistung bis 2030 mindestens verdreifachen.
Damit unterstützen wir die Auftragslage im Handwerk ebenso wie die industrielle
Produktion im Bereich der benötigten Klimaschutztechnologien und schaffen neue,
grüne Arbeitsplätze vor Ort. Erneuerbare sind heute bereits günstiger als
fossile Energieträger. Dieses Potenzial gilt es für den Standort Rheinland-Pfalz
und den Klimaschutz konsequent zu nutzen.
Mit einem neuen Energiewende-Plan wollen wir die Sektorenkopplung voranbringen.
Darin überprüfen wir außerdem engmaschig die notwendigen Zubaumenge an Wind- und
Photovoltaik-Leistung, um unseren Strombedarf durch die Transformation bei der
Wärme und Verkehrswende sowie in der Wirtschaft zu berechnen und unser Ziel der
Klimaneutralität zu erreichen. Denn damit Erneuerbare Energien jederzeit
effizient genutzt werden können, müssen verschiedene Sektoren miteinander
intelligent vernetzt werden. So kann beispielsweise überschüssige Energie zur
Erzeugung von Wasserstoff eingesetzt werden, wenn an sonnen- oder windreichen
Tagen mehr Strom produziert als verbraucht wird. Deshalb wollen wir Power-to-X
und die Erzeugung von Grünem Wasserstoff fördern. Digitale Lösungen, wie
künstliche neuronale Netze bieten zudem die Möglichkeit erneuerbaren Strom
intelligent zu lenken und ressourcenschonend einzusetzen. So können Erneuerbare
Energien als Basis genutzt werden, um alle Sektoren, Industrie, Mobilität oder
auch Wärme, miteinander zu verbinden und zu dekarbonisieren. Auch im Bereich
Energieeffizienz wollen wir weiter vorankommen, denn jede eingesparte Kilowatt-
Stunde ist die beste Kilowatt-Stunde.
Sonnenland Rheinland-Pfalz
Unser sonniges Bundesland bietet die besten Voraussetzungen, um Solarenergie zu
nutzen. Wir GRÜNE wollen dieses Potenzial ausschöpfen und die Energieerzeugung
aus der Sonne deutlich ausbauen. Investitionen in die Solarenergie stärken den
Klimaschutz und schonen den Geldbeutel.
Bei Neubauten, Dachsanierungen und neuen Parkplätzen setzen wir daher auf eine
Pflicht für Photovoltaik-Anlagen. Ebenso soll bei umfangreichen Modernisierungen
von Gebäuden der Einsatz von Solarenergie vorgeschrieben werden, wenn keine
dringenden Gründe dagegen sprechen. Wir wollen den Einzelhandel, die Kommunen
und Unternehmen darin unterstützen, dass sie ihre Parkplätze mit Solarcarports
als Schattenspender, Stromlieferant und Ladestelle für Elektroautos überdachen.
Mit dem neuen landesweiten Solarkataster sorgen wir dafür, dass das Potenzial
für die Nutzung der Solarenergie aufgezeigt wird. Die Bürgerenergie wollen wir
weiter stärken. Dazu drängen wir auf Bundesebene auf die Umsetzung der
europarechtlichen Vorgaben. Außerdem prüfen wir, wie
Bürgerenergiegenossenschaften in Planungs- und Ausschreibungsverfahren
angemessen berücksichtigt werden können. Denn die Teilhabe an der
Energieversorgung erhöht die Akzeptanz und die lokale Wertschöpfung.
Auch auf artenarmen Grünland und ertragsarmen Ackerland wollen wir den Bau von
Solaranlagen naturschutzgerecht erweitern. Bei der Ausweisung geeigneter Flächen
sowie der Entwicklung entsprechender Flächennutzungspläne sollen die Kommunen
beraten und unterstützt werden. Mit zusätzlicher Agro-Photovoltaik lässt sich
die Energiewende sinnvoll mit der Landwirtschaft verbinden: Auf Agro-PV-Flächen
wird einerseits Solarstrom erzeugt und andererseits können sie weiterhin
landwirtschaftlich genutzt werden. Die Agro-PV-Anlagen schützen zudem die
darunter angebauten Kulturen vor Witterungsschäden. Wir setzen uns dafür ein,
dass die rechtlichen Hemmnisse zur Nutzung der Agro-Photovoltaik auf Bundesebene
aufgehoben werden.
Auf Bundesebene setzen wir uns weiter dafür ein, das Erneuerbare-Energien-Gesetz
zu überarbeiten und es freundlicher für die Erzeuger*innen von Erneuerbaren
Energien gestalten. Solaranlagen unter 1 Megawatt installierter Leistung müssen
ohne Ausschreibung errichtet werden dürfen, um somit Planungssicherheit vor
allem für Bürgergesellschaften, Genossenschaften und Kommunen wieder zu
gewährleisten. Das Bundes-Mieterstromgesetz muss nachgebessert werden, um die
Installation von Solaranlagen auf Mietshäusern unbürokratischer zu machen. Wie
im europäischen Recht vorgeschrieben, müssen Abgaben und Umlagen auf selbst
genutzten erneuerbaren Strom gestrichen werden. Auch brauchen wir einen
deutlichen Abbau von Bürokratie bei der Nutzung von Photovoltaik-Anlagen im
privaten wie gewerblichen Bereich. Wir werden uns beim Bund dafür einsetzen,
dass EEG-Anlagen, die nach 20 Jahren aus der Förderung fallen, ohne übermäßigen
finanziellen und bürokratischen Aufwand auskömmlich weiterbetrieben werden
können. Ebenso werden wir uns dafür einsetzen, dass das Energiewirtschaftsgesetz
grundlegend überarbeitet wird. Dezentrale Speicherung und Netzausregelung sollen
rechtlich ermöglicht und Bürgergenossenschaften und kleine Akteur*innen wie
europarechtlich geboten gestärkt werden.
Frischer Wind für mehr Klimaschutz
Einen großen Anteil an den Erneuerbaren Energien macht die Windenergie aus. Sie
ist das Rückgrat der Energiewende. Wir werden alles daransetzen, auch weiterhin
beim Ausbau der Windenergie mit vorne zu bleiben. Die Beteiligung von Kommunen
und Genossenschaften wollen wir stärken, sodass Anwohner*innen direkt von den
Windkraftanlagen profitieren. Betroffene Kommunen, d.h. nicht nur die jeweilige
Standortkommune, sollen langfristig einen wirtschaftlichen Nutzen haben und
damit neue Gestaltungsspielräume erhalten.
Windenergie geht nur mit Artenschutz. Wir wollen die Genehmigungsverfahren
landesweit vereinheitlichen und so naturverträglich beschleunigen. Dabei sollen
Naturschutzverbände und Bürger*innen früh mitsprechen können. Dafür muss der
naturschutzfachliche Leitfaden zum Ausbau der Windenergie fortgeschrieben
werden. Bei Genehmigungsverfahren brauchen die Kommunen mehr Unterstützung und
die Genehmigungsbehörden entsprechend qualifiziertes Personal für eine zügigere
Antragsbearbeitung.
Um die Leistung der Windenergie erheblich zu steigern, müssen wir mehr Flächen
nutzen und Altanlagen systematisch durch neue leistungsfähigere Maschinen
ersetzen (Repowering). Wir überarbeiten das Landesentwicklungsprogramm im
Einklang mit dem Emissions-, Natur- und Klimaschutz, um den notwendigen
Flächenbedarf von zwei Prozent der Landesfläche für die Windenergie tatsächlich
bereithalten zu können – ebenso wie Sonderflächen, zum Beispiel entlang von
Autobahnen und Bahntrassen.
Unsere von der Klimakrise gebeutelten Wälder werden ohne den Ausbau der
Erneuerbaren ihre Schutz-, Biodiversitäts-, Wirtschafts- und Erholungs-
Funktionen nicht mehr leisten können. Wir wollen daher die Nutzung der
Windenergie vor allem auf geschädigten Waldflächen in Wirtschaftswäldern
naturverträglich ausbauen.
Die Möglichkeit, alte Windkraftanlagen am selben Standort mit neueren
leistungsfähigeren Maschinen (Repowering) mit bestehender Infrastruktur zu
ersetzen, werden wir erleichtern. Allein mit dem Austausch eines Windrades kann
schnell das Dreifache an Leistung erzielt werden. Für dieses Repowering bereits
bestehender und in der Bevölkerung akzeptierter Windenergie-Standorte wollen wir
die starren Abstandsregeln standortgerecht aufheben. Bestehende Windparks sollen
in den bisherigen Grenzen ohne Ausschreibung durch leistungsfähigere Maschinen
ersetzt werden.
Auf Bundesebene treten wir dafür ein, dass der Ausbaudeckel für die Windenergie
gestrichen wird. Rheinland-Pfalz muss bei den Ausschreibungsverfahren durch eine
Regionalisierungskomponente faire Chancen bekommen und Windparks ohne
Ausschreibungsverfahren errichten dürfen. Für alle Erneuerbaren Anlagen werden
wir uns dafür einsetzen, dass die Eigen- und Direktstromnutzung der nicht EEG-
geförderten Anlagen von der EEG-Umlage befreit werden.
Digitalisierung für die Energiewende nutzen
Immer mehr dezentrale Erzeugungsanlagen bedeuten, dass wir die Verteilung und
Steuerung des Stroms neu organisieren müssen. Dazu müssen wir die dezentralen
Verteilnetze stärken und intelligente Verteilnetz-Regulations-Instrumente
etablieren, wie im Projekt Smart Country.
Um wetterbedingte Schwankungen bei der Erzeugung von erneuerbarem Strom
auszugleichen und das Stromnetz stabil zu halten, setzen wir auf die Entwicklung
von intelligenten Speichern. Damit wird überproduzierter Strom für Zeiten, zu
denen mehr Strom benötigt wird, gespeichert und flexibel eingesetzt werden. Wir
wollen auch die Nutzung von Bioenergie mithilfe digitaler Anwendungen flexibler
gestalten. Wichtig ist uns dabei auch die Unterstützung landwirtschaftlicher
Biogasanlagen und kommunaler Klärschlammaufbereitung, die das wesentlich
schädlichere Klimagas Methan aus Wirtschaftsdüngern beziehungsweise
Faulschlämmen auffangen und bedarfsgerecht sowie flexibel zu Strom und Wärme
veredeln. Dafür bedarf es anderer bundesgesetzlicher Regelungen. Smart Grids und
intelligente Stromnetze, müssen gefördert werden, denn damit lassen sich
Erneuerbare Energien umfassend in unsere Energieversorgung integrieren. Zudem
werden wir mit den Netzbetreibern ein integriertes Konzept mit dezentralen
Speichern für Rheinland-Pfalz entwickeln. Smartmeter, Smartoperator, und die
digitale Abstimmung von Erzeugung, Speicherung und Verbrauch aufeinander helfen
dabei, die Stromversorgung zu sichern. Hier werden wir gezielt Forschungs- und
Entwicklungsprojekte unterstützen.
Grüner Wasserstoff
Grüner Wasserstoff (Power-to-X, PtX = Nutzung von Stromüberschüssen durch die
Umwandlung in andere Energieträger) bietet enorme Möglichkeiten, Treibhausgase
einzusparen und unser Land klimaneutral zu gestalten. Grüner Wasserstoff kann
wesentlich zu Klimaschutz, Wohlstand und neuen Arbeitsplätzen in unserem Land
beitragen und als Speichermedium die Versorgungssicherheit bei Erneuerbaren
Energien steigern. Wir wollen die technologische Entwicklung fördern und eine
landeseigene Wasserstoffstrategie entwickeln. Alle vorhandenen Möglichkeiten
müssen ausgeschöpft werden, um den Grünen Wasserstoff vor Ort zu erzeugen, im
Sinne der Wertschöpfung wie der Versorgungssicherheit – statt, wie die
Bundesregierung, nur auf Importe zu setzen. So kann zum Beispiel überschüssiger
Strom aus Klärschlammverbrennungsanlagen zu grünem Wasserstoff umgewandelt
werden. Aus dem gewonnen Sauerstoff kann Ozon für die vierte Reinigungsstufe des
Abwassers beispielsweise zur Entfernung von Medikamentenresten eingesetzt
werden. Grüner Wasserstoff schafft neue Möglichkeiten im Schwerlast- oder
öffentlichen Nahverkehr. Erhebliches Potential sehen wir aber insbesondere, um
industrielle Produktionsprozesse auf den Weg in Richtung Klimaneutralität zu
bringen.
Als großer Chemiestandort setzen wir auf die Chancen von PtX in der chemischen
Industrie, um fossile Grundstoffe zu ersetzen. Wir wollen Forschungs- und
Entwicklungsstandort für PtChem und Treiber für eine nachhaltige Chemieindustrie
und für Nutzfahrzeuge werden. Auch brauchen wir Innovation bei der Infrastruktur
in der Wasserstoffgewinnung und bei der Wasserstofflogistik. Dazu müssen wir
nicht nur Landesmittel bereitstellen und Bundesmittel nutzen, sondern auch
gezielt EU-Fördermittel nach Rheinland-Pfalz lenken und
Entwicklungspartnerschaften vorantreiben.
Klimaschutz vor Ort
Klimaschutz gelingt nur, wenn die Kommunen auch mit anpacken. Vor Ort werden oft
im Kleinen die Weichen gestellt, die in der Summe große Auswirkungen haben. Und
Klimaschutz rechnet sich – beispielsweise beim Energiemanagement in Gebäuden,
wenn wir in Turnhallen auf energiesparende LED-Beleuchtung umstellen. Wir werden
die Kommunen auch weiterhin beim Klimaschutz unterstützen.
Die Energieagentur berät Kommunen und mittelständische Unternehmen unter
anderem, wenn es darum geht, Klimaschutzkonzepte zu erstellen, Fördermittel zu
beantragen, E-Mobilität zu fördern oder Nahwärmenetze zu errichten. Sie
unterstützt die Kommunen auch bei der Bauleitplanung, z.B. bei der Entwicklung
energetischer Quartierskonzepte oder der Flächennutzungsplanung für Erneuerbare
Energien. Die Energieagentur vernetzt und koordiniert die einzelnen Aktionen,
Aktivitäten und Projekte im Land und hilft den Kommunen bei der Bewertung ihrer
Klimaschutzerfolge. Diese Stärken wollen wir weiter nutzen und die
Energieagentur und ihre acht Regionalbüros ausbauen.
Digital basiertes kommunales Energie-Management und energiesparende und
insektenschützende LED werden wir zum Standard machen. Dazu setzen wir die
Förderung für die Kommunen fort. Außerdem wollen wir sie noch stärker darin
unterstützen, eigene CO2-Bilanzen und Divestment-Strategien umzusetzen.
Gemeinsam setzen wir uns auf Bundesebene für eine weitere hohe Förderung der
kommunalen Klimaschutzmanager*innen für alle Kommunen ein. Gerade auch
finanzschwachen Kommunen muss es möglich sein, durch Klimaschutzmanager*innen in
den Verwaltungen aktiv das Klima zu schützen.
Im Land werden wir die Fortbildung von Verwaltungsmitarbeiter*innen für den
Klimaschutz unterstützen. Wir unterstützen beratend die Kommunen bei der
Ausgestaltung ihrer ordnungsrechtlichen Möglichkeiten für mehr Klimaschutz.
Anstatt umwelt- und klimaschädliche mit Gas betriebene Heizpilze bevorzugen wir
klimaneutrale Lösungen, wie beispielsweise das Aufstellen von Zelten im
öffentlichen Raum für die Gastronomie.
Eng verbunden mit der Energiewende ist auch die Rekommunalisierung der
öffentlichen Daseinsvorsorge. Daher unterstützen wir die Netzübernahme durch
neue kommunale Energieversorgunsunternehmen. Dies führt dazu, dass die aus dem
Netzbetrieb erzielten Gewinne in die Kassen der Eigentümerkommune fließen und
regional Arbeitsplätze bei den kommunalen Energieversorgern gesichert werden.
Klimaschutzziele der jeweiligen Kommune können so direkt gesteuert und umgesetzt
werden.
Wir sprechen uns gegen neue Erkundungsbohrungen zur Gewinnung von Erdöl in
Rheinland-Pfalz aus. Zum Schutz des Klimas wollen wir Öl und Gas im Boden
lassen. Bundespolitisch werden wir uns für eine Reform des Bergrechts einsetzen,
die den Klimaschutz und die Mitsprachemöglichkeiten vor Ort stärken soll.
Das geplante Pumpspeicherkraftwerkes RIO an der Mosel bei Trier ist ein
wichtiges Projekt, um regional erzeugten Strom zu speichern. Gegenüber dem Bund
setzen wir uns für bessere Rahmenbedingungen bei der wirtschaftlichen Bewertung
ein. Wir unterstützen die Verwirklichung dieser Infrastrukturmaßnahme und setzen
uns für die erforderliche Finanzierung auf verschiedenen Ebenen ein.
Wir wollen weiterhin dafür sorgen, dass das Land die Kommunen bei Stadtgrün-
Projekten und der Vergabe von Grünpatenschaften fördert, um grüne und blaue
Klima- und Erholungsoasen in den Städten zu schaffen. Alle Kläranlagen mit
genügend Potenzial wollen wir zur Erzeugung von Biogas und Richtung
Energieautarkie umrüsten und dezentrale Wasserstoff-Erzeugung und Nutzung
weiterentwickeln.
Klimaneutrale Landesverwaltung
Unserem Ziel, die Landesverwaltung bis 2030 klimaneutral zu organisieren sind
wir ein großes Stück näher gekommen und werden dies auch konsequent
weiterverfolgen. Um diesen Weg zu unterstützen, wollen wir einen CO2-
Schattenpreis für die Landesverwaltung einführen zugunsten klimafreundlicher
Planungen. Neubauten des Landes wollen wir mindestens als Plusenergiehaus bauen,
bei Sanierungen streben wir diesen Standard wo technisch möglich an. Alle
landeseigenen Gebäude, auf denen dies sinnvoll ist, werden wir mit Photovoltaik
und Solarthermie ausstatten. Für bestehende Gebäude in Besitz des Landes wollen
wir einen Sanierungsfahrplan hin zur Klimaneutralität erstellen.
Bei der öffentlichen Beschaffung nach sozialen und ökologischen Kriterien, im
Bereich der Verkehrswende an Behördenstandorten, aber auch bei der
klimafreundlichen Verpflegung in öffentlichen Kantinen leisten wir auch in der
Landesverwaltung einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz.
Investitionen in Erneuerbare Wärme
Gerade bei Wohn- und öffentlichen Gebäuden können wir viel für den Klimaschutz
tun. Bei der Wärmewende wird das Potenzial Erneuerbarer Energien deutlich: Sie
machen uns unabhängiger von fossilen Importen und erzeugen Wertschöpfung im
Land. Obwohl in Berlin gebremst wird, sind wir mit der Wärmewende in Rheinland-
Pfalz einen großen Schritt vorangegangen, beispielsweise mit dem Aufbau von
Erneuerbaren Nahwärmenetzen. Das wollen wir fortsetzen und die Verwaltung bei
der praktischen Umsetzung der energetischen Gebäudemodernisierung mit einer
EnEV-Durchführungsverordnung unterstützen. Die Möglichkeiten der Nutzung
oberflächennaher Erdwärme bei der Erstellung von Bebauungsplänen stärker
berücksichtigen.
Wir wollen den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung erhöhen.
Eine durch das Land finanzierte kommunale Wärme- und Kälteplanung soll die
Potenziale der erneuerbaren Wärmequellen und der Abwärme, beispielsweise aus
Industrieprozessen, aufzeigen. Zudem braucht es Impulse, um die
Wärmebereitstellung auch in bestehenden Gebäuden effizienter und auf Basis
Erneuerbarer Energien zu gestalten. Damit wollen wir den Wohnbereich
klimaneutral machen, der Industrie eine Absatzmöglichkeit für ihre Abwärme
schaffen und Kältesenken, wie zum Beispiel Rechenzentren, mit klimaneutraler
Energie versorgen. Wo es auf Landesebene möglich ist, wollen wir ambitionierte
Maßnahmen im Gebäudebereich umsetzen. Es kann nicht sein, dass es ein
bundeseinheitliches Gebäudeenergiegesetz gibt und die Länder nicht
ambitionierter sein dürfen. Es gilt daher, durch eine bundesgesetzliche
Länderöffnungsklausel ein wirksames Erneuerbare-Wärme-Gesetz in Rheinland-Pfalz
zu ermöglichen.
Atomkraft? Nein, danke!
Entgegen aller Widerstände haben wir uns konsequent gegen Atomkraft und für die
Abschaltung der gefährlichen grenznahen Pannenreaktoren Fessenheim, Cattenom,
Tihange und Doel eingesetzt. Unser Engagement lohnt sich: Fessenheim ist im Jahr
2020 tatsächlich vom Netz genommen worden. Gegen die verbleibenden
Atomkraftwerke werden wir weiterhin mit allen Mitteln kämpfen. Wir setzen uns
dafür ein, dass die Bundesregierung mit Frankreich und Belgien bilaterale
Verhandlungen zur Abschaltung der grenznahen Pannenreaktoren aufnimmt. Bei
grenznahen Atomkraftwerken hat die Bevölkerung gemäß einem internationalen
Übereinkommen (Espoo-Konvention) auch jenseits der Grenze ein Mitspracherecht
hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen. Alle Laufzeitverlängerungen müssen
mit einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung einhergehen. Wir
werden die Zivilgesellschaft bei anstehenden Verfahren frühzeitig informieren
und organisatorisch unterstützen. Außerdem werden uns auf Bundesebene weiterhin
für einen Exportstopp von Kernbrennstoffen in grenznahe Risikomeiler einsetzen.
Nicht zuletzt der Abriss des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich hat gezeigt, dass
sich konsequenter Einsatz gegen Atomkraft lohnt. Denn die Zukunft der Energie
liegt in den Erneuerbaren Energien. Sie sind nicht nur sicherer, sondern auch um
ein Vielfaches billiger als die Atomenergie. Deshalb setzen wir uns weiterhin
für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und konsequent gegen Atomkraft ein.
Die Strahlung des Atommülls bleibt nach dem Atomausstieg ein hohes Risiko für
zukünftige Generationen, mit unkalkulierbaren finanziellen Belastungen für
öffentliche Haushalte und Steuerzahler*innen, die nicht durch die
Atomstromproduzenten übernommen werden. Die bundesweit ergebnisoffene Suche nach
einem Endlager mit der bestmöglichen Sicherheit muss in einem
wissenschaftsbasierten Verfahren ablaufen, transparent und nachvollziehbar sein.
Sie muss auch sicherstellen, dass die Öffentlichkeit beteiligt wird und die
Sicherheit aller Menschen im Mittelpunkt steht. Das fordert das
Standortauswahlgesetz und dass es eingehalten wird, erwarten wir auch von
unseren Nachbarländern. Die Standortsuche für ein Atommüllendlager in grenznahen
Regionen in Belgien darf nicht dazu führen, dass man sich bereits informell oder
stillschweigend auf einen Standort festlegt. Von der belgischen Regierung werden
wir transparente Verfahren fordern und erwarten, dass die Bürgerinnen und Bürger
in den betroffenen Nachbarländern beteiligt werden.